Die Schlagzeilen zum Krieg gegen die Ukraine versanden und versickern zunehmend, weil anderweitige, aktuellere Schlagzeilen sie verdrängen und weil vermutlich die Medienschaffenden von einer Nachrichtenmüdigkeit der Bevölkerung gegenüber einer Bedrohung ausgehen, die nicht abnimmt und über die man im Prinzip fast immer dasselbe Schreckliche zu berichten hätte. Also macht man es nur noch, wenn sich etwas besonders Schreckliches oder anderweitig „Neues“ ereignet.

Das ist im Prinzip immer dasselbe Muster, gilt also auch bezüglich anderer Nachrichten von eigentlich erstem Rang, seien es die Klimakatastrophe, die auch in den Hintergrund gerutscht ist, oder der humanitäre Alptraum, der sich parallel zu dem in Gaza zeitgleich im Sudan abspielt, und vieles andere mehr.

Je mehr diese aus europäischer Sicht gleichwohl entscheidend wichtigen Nachrichten aus der Ukraine ins Hintergrundrauschen abgleiten, umso wichtiger sind anderweitige, seriöse Quellen über das dort stattfindende Drama. Zum Glück sind solche Quellen heutzutage (in der freien Welt) für jedermann zugänglich.

So zum Beispiel der amerikanische Militärhistoriker Phillips P. O’Brien, ein gebürtiger Amerikaner, der aber an der St. Andrrews Universität in Schottland lehrt. Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine berichtet er in zahllosen Beiträgen auf Substack sowie zusammenfassend in wöchendlichen Newslettern.

Und im Unterschied zu Trump, dem O’Brien trotz Trumps zuweilen anderen Beteuerungen eine einseitige Parteinahme für Putins Russland vorhält und attestiert, nimmt O’Brien eine dezidiert pro-ukrainische Haltung ein. Und berichtet in einer auch für westliche Medien ungewöhnlichen Weise. So beklagt er immer wieder, zuletzt eindringlich im wöchentlichen Newsletter vom 31.8.2025, dass in Europa und in den USA eine überwiegend die russische Kraft überbetonende und die Ukraine defaitistisch unterschätzende Diktion vorherrsche und eine entsprechende Sichtweise verbreitet werde. Diese sieht er nicht bloß für in der Sache falsch an, sondern er sieht sie mit Recht auch als politisch problematisch. Denn ungebührlich pessimistische Einschätzungen der Verteidigungsfähigkeit und der Überlebenschancen für eine freie Ukraine unterminieren die Bereitschaft der Bevölkerungen der nicht Krieg führenden, aber die Ukraine unterstützenden Länder große Lasten auf sich zu nehmen, um die Ukraine optimal zu unterstüzen. Wieso „Unsummen“ in einen Krieg investieren, der nicht zu gewinnen ist?!

Dies vorangestellt, möchte ich mit dem heutigen Beitrag auf eine interessante Abbildung aufmerksam machen, die O’Brien in seinem Newsletter vom 23.9.25 vorgestellt und aus ihm seriös erscheinenden ukrainischen Quellen übernommen hat. Sie zeigt im Überblick, welche russischen Ölraffinerien die Ukraine inzwischen mit Waffen aus der eigenen Produktion angegriffen hat.

Übersicht über die in Russland durch ukraihnische Angriffe beschädigten Raffinerien
Von der Ukraine – teils mehrfach – angegriffene russische Ölraffinerien; Quelle: substack Beitrag von Phillips P. O’Brien vom 23. September 2025

Was man an dieser Abbildung erkennen kann, ist nicht nur die große Zahl der angegriffenen Raffinerien, sondern dass diese zum Teil auch sehr weit von der Ukraine entfernt liegen, etwa die Omsk Raffinery mit 2500 Kilometern Entfernung von der ukrainischen Genze. Und weiterhin, dass etliche Raffinerien mehrfach hintereinander angegriffen wurden, etwa die Illsky Raffinerie in Krasnodar oder die Syzran Raffinerie in Samara. Wie O’Brien hervorhebt, wird erst dadurch in der Regel eine bedeutsame Zerstörungswirkung erzielt.

Er warnt im genannten Blog aber auch davor, die Aussagekraft der Übersicht nicht zu überschätzen. Denn die (nachhaltige) Wirksamkeit der ukrainischen Angriffe werde daraus nicht wirklich ersichtlich – und mutmaßlich überschätzt.

O’Brien macht aber auch auf charakteristisch verschiedene Weisen der Kriegsführung seitens der Ukraine und Russlands aufmerksam: die Ukrainer fokussieren vornehmlich auf strategisch wichtige Kriegsziele, die den Angreifer in Bezug auf seine Kriegstauglichkeit schwächen, ohne dabei die zivilen Strukturen und die Zivilbevölkerung zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Im Unterschied dazu praktiziere Russland die umgekehrte Strategie: man versucht die Kriegs- und Verteidigungsmoral der Ukraine durch systematischen Krieg gegen die Bevölkerung zu untergraben, indem Angriffe gegen Wohnhäuser, zivile Infrastruktur inklusive Krankenhäuser, Friedhöfe, kulturelle Einrichtungen usw. geflogen werden, natürlich unter kompletter Missachtung völkerrechtlicher Vereinbarungen.

Zum Thema strategischer Luftkrieg der Ukraine siehe auch seinen Beitrag vom 26.8.25.