An anderer Stelle in diesem Blog hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass es sich insbesondere für Menschen mit ernsten und komplexen Erkrankungen „lohnt“, wenn sie eine spezialisierte Einrichtung aufsuchen, selbst wenn dafür womöglich die Wohnortnähe geopfert werden muss, die einem intuitiv als wichtigeres Auswahlkriterium erscheinen mag.

In dasselbe Horn stößt nun eine wichtige Studie auf der Grundlage von Daten von AOK-Versicherten, die in vier regionalen klinischen Krebsregistern erfasst wurden, nämlich Regensburg, Dresden, Erfurt und Berlin-Brandenburg.

Die Studie wurde kürzlich frei zugänglich und in gut verständlicher Sprache im Deutschen Ärzteblatt vorgestellt (siehe hier). Das Hauptergebnis, so viel sei vorweggenommen, lautet: die Sterblichkeitsrate von Krebskranken war zum Teil deutlich niedriger, wenn diese für die Behandlung ein Krankenhaus aufgesucht hatten, das nach den Kriterien und Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft bereits zertifiziert war.

Dieser messbare Behandlungseffekt war allerdings nicht gleichmäßig über alle Krebserkrankungen und Schweregrade verteilt. Besonders profitiert haben von ihrer Entscheidung für ein zertifiziertes Zentrum Patienten und Patientinnen, die an Krebserkrankungen im frühen und mittleren Stadium erkrankt waren. Bei den Krebsarten waren deutliche Effekte im Sinne niedrigerer Sterblichkeit feststellbar, wenn ein Gebärmutterhalskrebs vorlag, oder neuroonkologische Tumoren, Lungenkrebs oder Brustkrebs.

Aus der Perspektive der Versorgungsforschung wäre in einem nächsten Schritt wichtig zu wissen, woran es genau gelegen hat, das zertifizierte Zentren zum Teil deutlich besser abschnitten. Immerhin gehört zu einer Zertifizierung ein ganzer Strauss an Vorgaben und Kriterien, die vermutlich nicht alle gleich bedeutsam waren.
Während man über die Frage nach den entscheidenden Faktoren derzeit wohl eher nur spekulieren kann, ist durch diese bedeutsame Auswertung von immerhin rund einer Million Behandlungsfällen (!) nun deutlich belegt, dass der Hinweis einer Einrichtung auf eine erfolgreich durchlaufene Zertifizierung nicht nur ein „werbewirksamer“ Gag ist (Stichwort: Papier ist geduldig), sondern dass die Zertifizierung mitunter existentiell bedeutsames Gewicht hat – und insofern im Einzelfall gut zu bedenken ist.

Mein früherer Hinweis, nämlich dass die Wohnortnähe gegenüber der Krankheitsexpertise und Spezialisierung des Krankenhauses dann ein größeres Gewicht haben sollte, wenn es um weit fortgeschrittene Krebserkrankungen geht, wird durch die nun vorgestellten Daten zumindest nicht in Frage gestellt. Denn immerhin war bei den Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium ein (Überlebens-) Vorteil der zertifizierten Zentren nicht feststellbar.